Laut einer aktuellen Studie ↑ des Musikstreamingdienstes Deezer ↑ erlischt bei vielen Menschen schon in jungen Jahren das Interesse an neuer Musik. So verliert sich grundsätzlich das Interesse an der Musik oder sie wird zum Hintergrundrauschen des Alltags degradiert. Im besten Fall werden immer wieder die gleichen bekannten Bands und Songs aufgelegt. Die Deutschen schneiden gemäß dieser Studie noch relativ „gut“ ab – der Höhepunkt des musikalischen Interesses wird in Deutschland mit 27 Jahren erreicht, ein Versiegen oder Stagnieren findet zumeist erst mit 31 Jahren statt.
Andererseits sagen viele Teilnehmer der Studie, dass sie gerne weiterhin neue Musik hören würden, wenn denn Job und Familie ihnen mehr Freiräume gestatten würden. Ein weiteres, wichtiges „Hindernis“ stellt darüber hinaus die unübersichtliche Vielfalt der heutigen Musikszene(n) dar, deren bloße Masse ein Kennenlernen neuer Sounds und Genres praktisch unmöglich mache.
Die Fans der Rockmusik haben es da noch recht einfach – sie machen einfach einen Spaziergang im aktuellen „Underground“ und finden dort eine gereifte und lebendige Szene vor, deren Innovationskraft längst wieder auf der Höhe der zweiten Hälfte der 1960er Jahre angelangt ist. Die Zahl interessanter Bands scheint ständig zu steigen – Musik von jungen Leuten für junge Leute (und Junggebliebene), die begeistern kann (wenn man es denn möchte).
Birth Of Joy ↑ ist eine niederländische Rockband, deren LPs (und Live-Auftritte) immer besser werden und die mit dem neuen Album „Hyper Focus“ einen absoluten Kracher vorgelegt haben. Die späten 60er und frühen 70er sind in Gestalt der Doors oder den MC5 zwar präsent, aber die Band macht ein ganz eigenes Ding daraus. Schön laut hören: „Join The Game (Live)“ und „Three Day Road“ …
Die norwegische Band Electric Eye ↑ geht ähnlich dynamisch zu Werke wie Birth Of Joy, hat aber einen Sound entwickelt, der neben Folkanklängen viele Elemente des Krautrock enthält. Auch diese Musik macht laut gehört den größten Spaß: „Sometimes You Go To Jump To Lift Your Feet“ und „Tangerine“ …
Ebenfalls aus Norwegen stammen Needlepoint ↑, deren jazziger Rock zwar auch irgendwie in der klassischen Zeit gründet (The Allman Brothers Band auf einer Bühne mit Kraan), ist aber in seiner Eigenständigkeit durchaus zukunftsfähig. Interessanter Future-Rock mit „Fear“ und „Soaring“.
Was wird aus einem kleinen Mädchen, dessen Vater sich für Geisterhäuser interessiert und seinem Kind Ton- und Videoaufnahmen aus von ihm untersuchten Häusern vorspielt? Die Schwedin Anna von Hausswolff ↑ hat daraus eine musikalische Passion entwickelt, die sich immer wieder mit dem Tod und dem Unheimlichen beschäftigt. Ihr vorrangiges Instrument ist dabei eine Kirchenorgel, deren untergründiges Potenzial sie ausgiebig ausschöpft. Das aktuelle Album „Dead Magic“ überschreitet zwar immer noch gerne die Grenzen zur Avantgarde, kommt aber durch die Hinzunahme von klassischen Rockinstrumenten wie Schlagzeug und Gitarre dem wagemutigen Underground-Spaziergänger ein wenig entgegen. Songs wie „The Mysterious Vanishing Of Electra“ sind Dramen für die Suchenden …
(Erstveröffentlichung 18.06.2018 auf www.dj-night-jever.de ↗)